Arbeitsjournal

Mittwoch, 10. November 2010

Bücher im November: Alma und Irène

Nach einem nostalgischen Frühstück im Café Hebeis, Eier im Glas, ein längst fälliger Gang in die Stadtbibliothek. Ein neuer Ausweis musste her, den anderen zu ersetzen, der vor zehn Jahren seine Gültigkeit verloren hat. Wann war ich dort zum letzten Mal gewesen? Während des Studiums?

Die Räume immer noch schön, die Bücher immer noch so ähnlich aufgeteilt, rechts Biografien und Belletristik, im Turm Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft.

In-der-Stadtbibliothek

Thriller und Krimis ließ ich schnell hinter mir. Schon bei den Biografien blieb mein Blick haften: "Witwe im Wahnsinn" über das Leben der Alma Mahler-Werfel. Plötzlich erinnerte ich mich an den Namen des Autors. Er hatte mich vor Jahren einmal angerufen, mit einer Frage zu einem Artikel über Alma, den ich für meine eigene wissenschaftliche Arbeit verwendet hatte. Hier war es also: sein Buch, 450 Seiten mit Bildern. Alle Achtung, dachte ich und klemmte es unter den Arm. Alma wird mir ein paar regnerische Abende versüßen und die erste Sinfonie von Gustav Mahler trefflich begleiten.

Außerdem machte ich noch eine richtiggehende Entdeckung: Ein kleines schwarzes Büchlein von Irène Némirovsky mit dem Titel "Leidenschaft". Woher dieser Name, dachte ich. Er schien mir von östlich fernen, vielleicht versunkenen Welten zu sprechen. Ich nahm das Buch vom Regal. Das Cover versprach einen Roman von der Liebe, die alle Regeln bricht und die Moral verhöhnt, um einmal wirklich zu leben. Genau mein Thema, dachte ich. Und tatsächlich, die Autorin entstammte einer jüdischen Bankiersfamilie in Kiew. Sie wurde nach Auschwitz deportiert und ihr Werk erst sechzig Jahre später wieder entdeckt. Bewegt begann ich zu lesen und wurde zu einem Ehepaar in die französische Provinz entführt. Der Stil und dieses Spiel mit der Erinnerung erinnerten mich an Sándor Marai.

Eine fröhlich lärmende Schulklasse riss mich schließlich aus der Lektüre. Ich sah nach draußen in den Park, wo das Sonnenlicht auf dem Rotgold der herbstlichen Blätter spielte. Für eine Stunde hatte ich die Zeit vergessen.

Ich klemmte Irène neben Alma unter meinen Arm und ließ mir an der Theke einen Stempel geben. Nun schnell nach Hause, um wieder an die eigenen Kapitel zu gehen. Gestern hatte ich sie zusammengefügt und war auf einhundertsiebzig Seiten gekommen. Das lässt doch hoffen.

Samstag, 30. Oktober 2010

Was der Wackeldackel mit dem Singen zu tun hat

Heute morgen um zehn raffte ich mich zu einem dreistündigen Workshop mit dem Chor zum Thema Stimmbildung auf. Und es stellte sich heraus, das das genau das war, was meine durch die Mandelentzündung buchstäblich eingerostete Stimme zur Weckung brauchte. Eine sehr Herz und Seele erfrischende Gesangslehrerin, gebürtig aus Kalifornien, brachte uns zu sanften Turnübungen. Wir sind mit bebenden Lippen "autogefahren", haben aus unserem Rücken einen "Frühstückstisch" gebaut, in die Nieren geatmet (Himmel, wo genau sind eigentlich meine Nieren?). Nach diesem "Aufwärmen" haben wir unsere Zunge gelenkig gemacht, sie an den Unterboden des Mundraumes und die Vorderzähne geklemmt. So konnten wir ein wunderschönes "ng" singen. Mit langer, spitzer Zunge an den Vorderzähnen ein schönes "i" und mit breiter Zunge ein "e". Wir lernten, wo das Gaumensegel und das Zungenbein ist. Am Ende waren wir locker mit dem Kopf wie die "Wackeldackel" und konnten die Töne, die überall um uns herum waren, wunderbar leicht abholen und aussingen. Damit klang unser "Ehre, sei Gott in der Höhe" erstmals eher schwebend als quälend.

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Es weihnachtet sehr

An diesem etwas trüben Donnerstag Morgen wirft das Weihnachtsoratorium seine Schatten voraus. Für unser Chorkonzert in der Offenbacher St. Pauls Kirche und in der Basilika in Ilbenstadt sind eine Vorankündigung und eine Pressemitteilung zu schreiben. Ich habe bereits unsere Solisten angemailt und sie um ein paar Angaben zu ihren musikalischen Lebensläufen gebeten. Den Vormittag möchte ich nutzen, einige Informationen über das Weihnachtsoratorium und Herrn Bach recherchieren, immer auf der Suche nach etwas Originellem oder Überraschendem. Daneben läuft die Übe-CD für Sopran: "Lasset das Zagen, verbannet die Klage..." Mitsingen kann ich mit meinem heiseren Hals noch nicht so recht. Ich hoffe also, dass sich auch durch das Hören einiges festsetzt und jubiliere innerlich.

Foto-am-28-10-2010-um-11-01

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