Warum geht der Mensch ins Kaffeehaus? Oder ein Leben ohne Laumer - undenkbar!
Gleich in der ersten Woche des neuen Jahres stattete ich dem ehrwürdigen Café Laumer einen Besuch ab, denn wer weiß, wie lange man das noch kann, nachdem im letzten Jahr Insolvenz angemeldet werden musste. Es kommt mir vor, als ob viele Leute so denken, denn das Café ist gut besucht und das an einem Montag Abend. Die Besucher wollen diesem Ort, den sie genauso mögen, wie er ist, nämlich ungestylt und ein bisschen in die Jahre gekommen, die Treue halten. Das Café mit seinen graublau bezogenen Bänkchen, der Holztäfelung, die mit Bildern von kunstvollen Torten behängt ist, erscheint nicht nur mir ein Bollwerk gegen die technisierte Welt, die besonders im Westend, nah der Bankentürme, hinter jeder Ecke zu lauern scheint.
Viele der Gäste schauten, so schien mir, ein wenig betroffen drein und ebenso die Bedienungen, die besonders lieb sein wollten und jedem ein Tellerchen mit hausgemachtem Buttergebackenen brachten, so als wollten sie jedem noch einmal den Geschmack von etwas Echtem vor die Lippen führen.
Mich regte diese gewisse Endzeitstimmung zu einigen grundsätzlichen Gedanken über das Kaffeehaus an. Warum fühle ich mich dort so wohl und wie zu Hause? Besser gesagt, zu Hause fühle ich mich eigentlich weniger zu Hause als im Café...

Es kommt wohl daher, dass ich das schon als kleines Mädchen kennengelernt habe, diese warme, wohligduftende Atmosphäre. Meine Großmutter und mein Großvater nahmen mich mit an solche Orte, wenn es in die Stadt ging. So ein Cafébesuch war immer der Höhepunkt eines Stadtbesuches.
Mein Lieblingscafé war in den frühen siebzigern das von uns Kindern so genannte Äffchencafé. Eigentlich hieß es Café Wipra oder Café der Tierfreunde und befand sich in der Neuen Kräme. Dort gab es tatsächlich kleine Äffchen und bunte Fische. Dorthin und auch ins Café Laumer ging ich mit meiner Großmutter mütterlicherseits. Sie wohnte in Sindlingen bei Frankfurt und ich wurde in Offenbach in die Straßenbahn gesetzt und fuhr bis zum Willy-Brandt-Platz, der damals noch Theaterplatz hieß, wo meine Großmutter wartete. Oft bekam ich bei solchen Ausflügen ein schönes Kleid oder ein Paar neue Stiefel - einmal rote mit weißem Fell, wie kleine Husarenstiefel - und danach ging es eben ins Café. Dort bestellte ich im Winter Schokoladentorte und im Sommer Aprikoseneis.
Mit meinem Großvater väterlicherseits ging ich dagegen meistens ins Café Schulte in Offenbach. Dort wurden die Torten auch selbst gemacht und außerdem stadtbekannte Pralinen. Noch heute ärgere ich mich, dass ich vor dem Abriss des Hauses nicht das gesamte Interieur aufgekauft habe. Das war nämlich möglich. Die Stühle, Tische, Garderobenständer und Blumenväschen aus den Fünfziger Jahren wurden zum Spottpreis verschleudert und stehen heute wohl einzeln in irgendeiner Wohnung oder sind schließlich doch auf dem Müll gelandet.
Soll den blaubezogenen Bänkchen und Tortenbildern aus dem Café Laumer etwa das gleiche Schicksal blühen?
Am Tisch neben mir nimmt eine große, schlanke Frau in schwarzem Pelz Platz. Im Café kann man allein sitzen und ist doch nicht allein, denke ich und ein Zitat von Alfred Polgar kommt mir in den Sinn: "Ins Kaffeehaus gehen Menschen, die allein sein wollen, aber dazu Gesellschaft brauchen."
Man überbrückt Zeit, die man gerade zuviel hat, mit Schmecken und Schnuppern und Staunen, mit Lauschen und Sinnieren. Und Wahrnehmungen dieser Art werden wahrscheinlich immer seltener. Mich regt, wie viele, das Murmeln der Stimmen, diese verhaltene kontinuierliche Melodie zum Schreiben an. Ein paar Worte, eine kleine Szene lösen ein Gedanken aus und vielleicht ist das der Beginn einer neuen Geschichte, die man dann zu Hause weiterspinnen kann, aber eben nur weiterspinnen. Das erste Aufblitzen einer Idee entspringt oft an einem öffentlichen Ort und schön ist es, wenn man ihn dann auch gleich aufschreiben kann, wie im Kaffeehaus.
Viele der Gäste schauten, so schien mir, ein wenig betroffen drein und ebenso die Bedienungen, die besonders lieb sein wollten und jedem ein Tellerchen mit hausgemachtem Buttergebackenen brachten, so als wollten sie jedem noch einmal den Geschmack von etwas Echtem vor die Lippen führen.
Mich regte diese gewisse Endzeitstimmung zu einigen grundsätzlichen Gedanken über das Kaffeehaus an. Warum fühle ich mich dort so wohl und wie zu Hause? Besser gesagt, zu Hause fühle ich mich eigentlich weniger zu Hause als im Café...

Es kommt wohl daher, dass ich das schon als kleines Mädchen kennengelernt habe, diese warme, wohligduftende Atmosphäre. Meine Großmutter und mein Großvater nahmen mich mit an solche Orte, wenn es in die Stadt ging. So ein Cafébesuch war immer der Höhepunkt eines Stadtbesuches.
Mein Lieblingscafé war in den frühen siebzigern das von uns Kindern so genannte Äffchencafé. Eigentlich hieß es Café Wipra oder Café der Tierfreunde und befand sich in der Neuen Kräme. Dort gab es tatsächlich kleine Äffchen und bunte Fische. Dorthin und auch ins Café Laumer ging ich mit meiner Großmutter mütterlicherseits. Sie wohnte in Sindlingen bei Frankfurt und ich wurde in Offenbach in die Straßenbahn gesetzt und fuhr bis zum Willy-Brandt-Platz, der damals noch Theaterplatz hieß, wo meine Großmutter wartete. Oft bekam ich bei solchen Ausflügen ein schönes Kleid oder ein Paar neue Stiefel - einmal rote mit weißem Fell, wie kleine Husarenstiefel - und danach ging es eben ins Café. Dort bestellte ich im Winter Schokoladentorte und im Sommer Aprikoseneis.
Mit meinem Großvater väterlicherseits ging ich dagegen meistens ins Café Schulte in Offenbach. Dort wurden die Torten auch selbst gemacht und außerdem stadtbekannte Pralinen. Noch heute ärgere ich mich, dass ich vor dem Abriss des Hauses nicht das gesamte Interieur aufgekauft habe. Das war nämlich möglich. Die Stühle, Tische, Garderobenständer und Blumenväschen aus den Fünfziger Jahren wurden zum Spottpreis verschleudert und stehen heute wohl einzeln in irgendeiner Wohnung oder sind schließlich doch auf dem Müll gelandet.
Soll den blaubezogenen Bänkchen und Tortenbildern aus dem Café Laumer etwa das gleiche Schicksal blühen?
Am Tisch neben mir nimmt eine große, schlanke Frau in schwarzem Pelz Platz. Im Café kann man allein sitzen und ist doch nicht allein, denke ich und ein Zitat von Alfred Polgar kommt mir in den Sinn: "Ins Kaffeehaus gehen Menschen, die allein sein wollen, aber dazu Gesellschaft brauchen."
Man überbrückt Zeit, die man gerade zuviel hat, mit Schmecken und Schnuppern und Staunen, mit Lauschen und Sinnieren. Und Wahrnehmungen dieser Art werden wahrscheinlich immer seltener. Mich regt, wie viele, das Murmeln der Stimmen, diese verhaltene kontinuierliche Melodie zum Schreiben an. Ein paar Worte, eine kleine Szene lösen ein Gedanken aus und vielleicht ist das der Beginn einer neuen Geschichte, die man dann zu Hause weiterspinnen kann, aber eben nur weiterspinnen. Das erste Aufblitzen einer Idee entspringt oft an einem öffentlichen Ort und schön ist es, wenn man ihn dann auch gleich aufschreiben kann, wie im Kaffeehaus.
Ingrid Walter - 11. Januar, 11:06